Beschäftigungsfähigkeit, mein persönliches Unwort

Ich rege mich auf. Über ein Wort:

Beschäftigungsfähigkeit, die, Substantiv, feminin, Bedeutung:

1) Deine Fähigkeit, bzw. dein Imstandesein, beschäftigt zu werden.
2) Die Wahrscheinlichkeit, dass du dich gegen tausend andere Bewerber durchsetzt.
3) Letztlich die Chance auf das Glück, nicht übersehen zu werden und oben auf dem Stapel zu landen, aus dem lustlos die Lebensläufe herausgefischt werden.

“Ein Auslandspraktikum verbessert die Beschäftigungsfähigkeit von Jugendlichen” las ich neulich.

So richtig dieser Satz in seiner Substanz ist; die durch Political Correctness verstümmelte Wortwahl sagt doch eigentlich aus: es hat rein gar nichts mit der Wirtschaftslage zu tun, ob du einen Job findest oder nicht; und übrigens auch nichts mit den überhöhten Erwartungen von Arbeitgebern, die alles gleichzeitig wollen: nämlich total erfahrene, aber bitte auch junge Bewerber. Er sagt: Es hat nichts mit Glück oder Pech zu tun, wenn du auf deine Bewerbung hin eine Absage bekommst. Es liegt an deiner Beschäftigungsunfähigkeit.

Unternehmen und Politik dürfen sich zurücklehnen und sagen:

Du wurdes nicht zur nächsten Runde eingeladen? Tja Pech, du Loser. Bist halt unfähig, beschäftigt zu werden. Es liegt weiß Gott nicht an uns, dem System oder unseren nicht-aussagekräftigen Auswahlkriterien. Es liegt einzig und allein an dir.
Du Unfähiger, du.

Dabei lässt sich doch im Bewerbungsgespräch ohnehin nur darüber spekulieren, ob jemand tatsächlich fähig ist, einen Job gut zu machen. Wenn ich manchmal sehe, welche Pfeifen eingestellt werden, weil sie auf dem stets so geduldigen Papier oder beim Bewerbungsgespräch zwar glänzen konnten, sich aber sonst nichts hinter der Holzwand, die sich ihre Stirn nennt, verbirgt, dann frage ich mich ernsthaft, was das Ganze mit Beschäftigungs-Fähigkeit zu tun hat.

Auslandspraktika & Co. sind extrem super, bereichernd und sinnvoll, klar; und ja, sie verschönern nebenbei auch den Lebenslauf.

Aber die Aussage, dass sie die Beschäftigungsfähigkeit verbessern, ist genauso absurd wie das Wort selbst.

Oder?

2 Discussions on
“Beschäftigungsfähigkeit, mein persönliches Unwort”
  • Liebe Christina,

    oh ja da sagst Du was! Ich habe mich kürzlich beworben – trotz Master und trotz der Tatsache, dass ich eigentlich erst mal keinen anderen Chef bzw. keine andere Chefin außer mir ertragen möchte. Und: Ich wurde nicht genommen! Auf der einen Seite finde ich es gut, denn ich hab so viel mehr Zeit mich um andere (wichtigere) Dinge zu kümmern, auf der anderen Seite weiß ich nun wer den Job bekommen hat und ich frage mich warum nicht ich? Es hätte keinen speziellen Grund gegeben sagte man mir…hm…irgendwie nagt es doch am Selbstbewusstsein und man fragt sich (nur im tiefsten Innern) ob man (Beschäftigungs)unfähig ist. Aber mittlerweile ist wieder ein bisschen Gras drüber gewachsen und es fühlt sich richtig an, dass es nicht geklappt hat! Danke für Deine Impulse und Gedanken zum Thema, ich weiß nicht ob mein Beitrag so ganz zum Thema passt, aber diese “Anekdote” ist mir spontan dazu eingefallen!

    Liebe Grüße, Kathrin

    • Ja, da steckt man nicht drin. Die Kunst ist tatsächlich, es sich nicht nah gehen zu lassen.
      Dir jedenfalls viel Erfolg weiterhin mit der Selbstständigkeit 🙂
      Liebe Grüße, Christina

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