Weiterbildung: Nur des Titels wegen?

Fort- und Weiterbildungen sind wichtig. Auch wenn man erst mal im Berufsleben angekommen ist, sollte man nicht stehen bleiben. So sehr man sich in der Uni noch darüber gefreut hat, dass man endlich scheinfrei ist und “nie wieder lernen” muss, so sehr vermisst man das Lernen doch schon wenige Tage, nachdem man sein Zeugnis vom Prüfungsamt abgeholt hat. Wie schön waren doch die Zeiten, in denen man täglich nichts anderes getan hat, als sich weiterzubilden und neue Dinge zu lernen.

Deshalb bin ich auch im Berufsalltag ein großer Fan davon, mich täglich weiterzubilden, sei es zu den neusten Kniffen in Sachen SEO, der Social Media Strategie oder sogar den neusten ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen zum Thema Gewichtsreduktion. Man lernt schließlich nie aus!

Ist der Titel alles was zählt?

Doch was, wenn nicht das Lernen im Fokus steht, sondern einzig und alleine der Titel, den man durch eine Fortbildungsmaßnahme erreicht? So wie damals in der Prüfung “molekulare Ernährungsforschung”, bei der ich das Auswendiglernen von Genmutationen an bestimmten Chromosomen auch längst nicht mehr aus reinem Wissensdurst betrieb.

Sind Fortbildungen wie verhasste Vorlesungen in der Uni? Hauptsache bestanden? Click To Tweet

Als ich mich neulich auf ein größeres Projekt beworben habe, kam ich nicht umhin mich zu fragen, welche Qualifikationen ich denn so mitbringe. Dass ich – was die Aufgaben angeht – genau die Richtige für das Projekt war, wusste ich. Doch wie vermittle ich das dem potentiellen Kunden? Klar, ich habe langjährige Erfahrung im Social Media Management, und zwar nicht nur für diverse Online-Magazine, sondern auch für viele große Kunden im Gesundheitsbereich. Aber was habe ich schwarz auf weiß? Okay, ich habe ein Arbeitszeugnis! Aber reicht das auch?

Schon ein wenig länger überlege ich, eine Fortbildung zum Social Media Manager zu machen. Das Problem: Mir geht es da weniger um den Inhalt (denn der wird mir aus meinem Berufsalltag und der täglichen Weiterbildung schon bekannt sein) sondern vielmehr nur um den Titel, um das reine Schwarz-auf-Weiß. Aber ist es nicht total doof, Zeit und Geld für eine Fortbildung zu investieren, deren Inhalt man zu großen Teilen eh schon kennt? Auf der anderen Seite kann es als studierte Ernährungswissenschaftlerin und damit “Fachfremde” vielleicht garnicht schlecht sein, diese Qualifikation in den Händen zu haben, um meine eigene Qualifikation zu untermauern.

“Das weißt du eh alles schon”

In diesem Zusammenhang fällt mir eine Situation aus meinem Agenturalltag ein. Es ging damals ebenfalls um eine Weiterbildung im Social Media-Bereich, die zwei meiner Kollegen bereits absolviert hatten. Die Ausbildung war die Grundlage, dass sie zur Social Media Unit der Agentur wurden und bei allen Kundenfragen zu dem Thema immer wieder konsultiert wurden. Jeder wusste: Social Media Fragen = Kollegen X und Y. Ich war quasi Luft. Völlig egal, ob ich schon seit Jahren im gleichen Team mitarbeitete und nicht selten auch durch meine Bloggertätigkeiten einen wichtigen Erfahrungsschatz miteinbrachte. Als ich meinen Teamleiter dann fragte, ob ich die Fortbildung auch machen könne sagte er nur: “Wenn du es unbedingt willst, halte ich dich nicht davon ab, aber ich garantiere dir, du wirst absolut nichts neues lernen.”

Ich machte die Fortbildung nicht.

Bis heute frage ich mich manchmal, ob es meine Standing in der Agentur verändert hätte und ob ich vielleicht sogar heute noch dort wäre, wenn ich mich damals zur rechten Zeit für die Fortbildung entschieden hätte.

Ob es mir irgendwann mit dem Social Media Manager genauso gehen wird, wenn ich mich jetzt dagegen entscheide?

Was meinst du? Soll ich (nur des Titels wegen), oder soll ich nicht? Und hast du schon einmal eine Fortbildung nur für das Zertifikat hinterher besucht?

10 Discussions on
“Weiterbildung: Nur des Titels wegen?”
  • Hallo Jana,

    diese Fragestellung gibt es auch in einem anderen Zusammenhang, den ich aus meinem Beruf (Architektin) kenne: gehst du fürs Praktikum in ein großes, bekanntes Büro und hast dann einen glänzenden schönen Namen in deinem Lebenslauf stehen, hast aber ein halbes Jahr nichts anderes gemacht als Plänchen schrubben, oder gehst du in ein kleines, unbekanntes Büro, wirst aber voll eingebunden und lernst viel mehr, aber eben mit weniger shiny Namen…

    Ich persönlich würde die Fortbildung machen. Es würde nicht nur bedeuten einfach etwas “schwarz auf weiß” vorlegen zu können, sondern verleiht auch mehr Selbstbewusstsein, da man sich nicht bei jeder Projektbewerbung wieder fragen muss, wie man dem Kunden denn jetzt beweisen will, dass man wirklich ganz echt total gut in seinem Job ist… Und vielleicht erfährst du ja doch noch das eine oder andere nette Informatiönchen, das du vorher nicht so genau wusstest.

    LG, Roxy

    • Vielen Dank für deine Meinung Roxy, es ist tatsächlich manchmal hilfreich, wenn jemand von Außen auf die Situation schauen kann. Vielleicht mach ich es tatsächlich!

  • Hallo Jana,

    genau diese Frage habe ich mir auch schon mehrfach gestellt. Und im Prinzip fängt sowas doch schon im Studium an. Muss ich unbedingt noch den Master machen? Ja, des Titels wegen. Die Inhalte (so war es zumindest in meinem Studienfach Wirtschaftsinformatik) waren nicht neu. Überspitzt formuliert: Man hatte einfach weniger Zeit bei fast gleichem Inhalt.

    Und jetzt im Berufsleben? Da gibt es tatsächlich in meiner Abteilung den umgekehrten Fall. Viele meiner Kollegen absolvieren die Prüfungen zur Mitgliedschaft in der DAV (Deutsche Aktuars Vereinigung). Die Prüfungen dazu, so ist zumindest der Tenor, bringen unheimlich viel für das tägliche Arbeiten. Bessere Projekte, mehr Geld oder ähnliches erreicht dadurch leider keiner ..

    Viele Grüße
    Christian

    • Ja da hast du Recht, so ging es mir auch oft. Der umgekehrte Fall ist auch schwierig, aber mir fiele es leichter mich zu entscheiden, wenn ich tatsächlich für meine tägliche Arbeit etwas mitnehmen würde…

  • Ich habe mich an der ILS zur Social Media Managerin fortgebildet. Und obwohl ich durchs Bloggen schon viel wusste, habe ich trotzdem noch einiges dazugelernt. Und Spaß gemacht hat es irgendwo auch. Ob mir das Zertifikat etwas bringt, kann ich bisher nicht beurteilen, weil ich noch nicht den Job gewechselt habe, seit ich Social Media Managerin bin. Der Ausschlaggebende Punkt war bei mir allerdings schon, etwas schwarz auf weiß zu haben.

    Liebe Grüße
    Jessi

  • Hallo Jana,

    wie hast du dich entschieden? Witzigerweise sitze ich gerade an meiner Facharbeit zum SoMe Manager (IHK), Mittwoch ist Abgabe. Angemeldet habe ich mich aus zwei Gründen: wegen dem Titel und um eine eigene Strategie zu entwickeln, für meine geplante Teilselbstständigkeit. Ich konnte bzgl. Redaktionsplanung und hilfreichen Tools auch einiges mitnehmen, außerdem hab ich Twitter dadurch für mich entdeckt. Die Facharbeit jetzt ist die Ausarbeitung einer Kommunikationsstrategie für mein Vorhaben, das hilft mir tatsächlich gerade sehr. Ich bin bei der Business Academy Ruhr und machen einen Online Kurs, das würde ich auch genauso wieder machen.

    Liebe Grüße

    • Hallo Swantje, ich habe mich letztendlich (vorerst) dagegen entschieden, weil ich der Meinung bin, dass Erfahrung doch wichtiger sein muss als ein Blatt Papier. Und ich hoffe, dass potentielle Auftraggeber das auch so sehen. Aber wer weiß, vielleicht entscheide ich mich doch irgendwann noch einmal um… Liebe Grüße und dir viel Erfolg für die Facharbeit, Jana

  • Hey Jana,
    da der Beitrag ja nun schon etwas älter ist, erübrigt sich die Antwort auf Frage, ob du die Fortbildung machen sollst oder nicht. Ich fand einfach nur das Thema an sich interessant und wollte daher mal meinen Senf dazugeben. 😀
    Grundsätzlich muss ja jeder für sich entscheiden, ob er sich “offiziell” weiterbilden will oder nicht. Ich persönlich habe für mich z.B. festgelegt, (vorerst) keinen Master zu machen, obwohl ich nach wie vor gern lerne und mich weiterbilde. Das mache ich aber lieber über Bücher, Blogs und Sonstiges als in einem stickigen Vorlesungssaal – und vor allem in meinem eigenen Tempo bzw. wie es mir passt. Dann kann ich auch das lernen, was mich weiterbringt und nicht nur das, was auf der Agenda steht. Tatsächlich habe ich einige ehemalige Kommilitonen, die nur wegen des Titels studieren, weil sie meinen “Heutzutage muss man ja den Master haben”. Ich bin aber der Meinung, dass es keinen Sinn macht, sich durch ein Studium oder eine Fortbildung zu quälen, nur damit man den Titel nachher in der Tasche hat. Die erfolgreichsten Leute sind sowieso meist diejenigen, die das meiste über learning by doing statt nur theoretisch gelernt haben. Für mich zeugt das außerdem viel mehr von Leidenschaft und vor allem Erfahrung, wenn ich auf einer Webseite lese, dass sich jemand seit Jahren mit Social Media beschäftigt und bereits diverse Projekte (egal ob beruflich oder privat) umgesetzt hat, als eine Auflistung verschiedener Titel. Manchmal sind das – böse gesagt – einfach auch nur Fachidioten, die sich was auf ihre Auszeichnungen und Titel etwas einbilden.
    Viele Grüße, Sarah

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