Es liegt nicht an dir, es liegt an mir.
Die Kunst, Absagen zu erteilen
Manchmal fühlt man sich doch ganz schön allein gelassen.
Bewerbungen schreiben macht keinen Spaß und Absagen erhalten schon gar nicht. Dass man nicht immer alles bekommen kann, was man sich wünscht, versteht sich ja von selbst. Aber wenn man von 50 Bewerbungen nicht nur keine Zusage, sondern auch nicht mehr als eine Hand voll Absagen erhält, kommt man schon ins Grübeln.
Bin ich wirklich so schlecht, so unbrauchbar, dass mein Gegenüber nicht mal fünf Minuten in eine automatisierte Standard-Email à la „wir haben uns für einen anderen Bewerber entschieden“ investieren will? Ist das zu viel verlangt?
„Silent Treatment“ ist die bitterste und schmerzhafteste Form der Bestrafung, ja, der Vernachlässigung – das weiß man spätestens, nachdem man mal in einer nicht funktionierenden Beziehung gesteckt hat. Es bringt einen ungefähr so zum Verzweifeln, wie wenn sich jemand, mit dem man zehn tolle Dates verbracht hat, plötzlich nie wieder meldet. Anrufe und SMS bleiben unbeantwortet, man fühlt sich vor den Kopf gestoßen – was habe ich falsch gemacht? Ja. Ungefähr so fühlt sich das an.
An alle Jobsucher da draußen: ihr seid nicht alleine, und es ist nicht für immer.
Es gibt aber tatsächlich auch die kleinen Momente, die einem auf merkwürdige Art und Weise wieder Hoffnung schenken, ganz still und heimlich. Ich erhielt mal eine Email, die lautete:
„Leider enthält diese Mail keine gute Nachrichten für Sie. Sie haben die nächste Bewerberrunde nicht erreicht. Aber bitte lassen Sie sich durch diese Absage nicht entmutigen! Sie sagt nichts über Ihre Begabung und Eignung für diesen Beruf aus. Wir haben eine Vielzahl hochqualifizierter Bewerbungen erhalten, deshalb sind wir gezwungen, eine Auswahl zu treffen. Bitte haben Sie Verständnis dafür. Wir wünschen Ihnen für Ihre berufliche Zukunft alles Gute!“
Ich weiß nicht warum, aber ich war gerührt. Klar, es ist immer noch eine Enttäuschung, es ist im Grunde genommen bloß ein nett verpacktes „es liegt nicht an dir, es liegt an mir“. Und dennoch, ich musste nach dem Lesen dieser Absage lächeln. Es waren ehrliche, nette und aufbauende Worte. Ich versetzte mich in die Person auf der anderen Seite hinein. Es haben sich 1000 junge Menschen auf eine Stelle beworben, und diese Person musste entscheiden, wer weiterkommt und wer nicht – und das auch noch auf Grund von Noten, die (seien wir mal ehrlich) praktisch nichts über die tatsächliche Eignung aussagen. Keine schöne Aufgabe.
Diese Person konnte nur einen jungen Menschen glücklich machen, die restlichen 999 musste sie letztlich enttäuschen. Das Mindeste, was sie tun konnte, war, eine nette Email zu verfassen, die mir und den vielen anderen sagt: „Es tut mir Leid! Ich wette, du bist ganz supertoll, aber ich kann dich nicht glücklich machen“. Es hat sie wohl effektiv nur 5 Minuten gekostet, aber mir hat es Klarheit verschafft und ein wenig Mut gemacht. Ich bin nicht schlecht, ich hatte einfach nur kein Glück.
Hinfallen, aufstehen.
Den Staub abklopfen, das enttäuschte Herz flicken und weiterlaufen. Nur so kommt man am Ende auch am Ziel an. Und ich verspreche dir, man kommt an. Vielleicht auf steinigen Umwegen, vielleicht über Alternativen, von denen man vorher noch keine Ahnung hatte. Ja, vielleicht auch mit ein paar Kratzern und ’nem blauen Knie, aber man kommt eben doch irgendwo an, und dann um viele kostbare Erfahrungen reicher.